Fahrpreise im SPNV

Der Preis spielt für viele Menschen eine Rolle bei der Nutzung des öffentlichen Verkehrs.
Diese Seite gibt einen Überblick über die Preisunterschiede und deren Entwicklung im Zeitverlauf. 

Fragestellung


Fahrpreise im öffentlichen Verkehr sind - abseits des Deutschlandtickets - extrem schwer zu vergleichen. Es gibt eine Fülle an Tarifen mit jeweils eigenen Tarifbedingungen. Um Vergleichbarkeit herzustellen, muss deshalb das zu vergleichende Tarifprodukt sehr genau definiert werden. Die Transferplattform SPNV-Monitor hat dazu einen eigenen Forschungsansatz entwickelt, in den im Folgenden eingeführt wird.

Neugierig auf die Methodik?

Hier schon mal zwei Bits vorab:

Die »durchschnittliche Pendeldistanz« bezieht sich auf 2018. Sie betrug damals 17 km.
Die »Regionen« sind die Gebiete der SPNV-AT.

Die Fragestellung: Was kostet eine Fahrkarte über die durchschnittliche Pendeldistanz für einen Erwachsenen in allen Regionen Deutschlands?

Die Randbedingung: Nur das Kernprodukt für jedermann ist von Interesse. Ohne Rabattkarten, ohne Extras. Einfach eine Fahrt von A nach B.

Gilt für diese Leistung auch der gleiche Preis in allen Regionen Deutschlands? Und wie hat sich der Preis entwickelt von 2018 bis 2024? Hier geht es zu den Ergebnissen in Kurzdarstellung, hier zur ausführlichen Fassung.

Kurzdarstellung

Preisunterschiede 2024


Die Fahrkartenpreise unterscheiden sich stark von Region zu Region. Hier die Aufschlüsselung der Extremwerte nach Einzelfahrkarten, Monatskarten und Jahreskarten.


Für eine Einzelfahrt zahlt man 2024 im günstigsten Fall EUR 3,00, im teuersten Fall EUR 7,00. Die beiden Extreme unterscheiden sich damit um den Faktor 2,3.   


Für Monatskarten ist der Unterschied ebenfalls beträchtlich. Die Spannweite reicht von EUR 69,00 bis EUR 198,30. Dazwischen liegt der Faktor 2,9.


Auch Jahreskarten sind im Preis sehr verschieden. Die günstigste Jahreskarte ist für EUR 686,40 zu haben, die teuerste für EUR 1941,60. Unterschied: Faktor 2,8. 

Preisentwicklung 2018-2024


Die Fahrkartenpreise in den SPNV-AT-Gebieten sind 2024 ggü. 2022 um rund 12 % gestiegen. Gegenüber 2018 beträgt das Plus in 2024 rund 20 % (jeweils Mittelwert aus den drei Kategorien »Einzelfahrkarten«, »Monatskarten« und »Jahreskarten«). Dem Inflationstrend folgend ist der Preisschritt von 2022 auf 2024 deutlich ausgeprägter als in den 2-Jahres-Intervallen davor, wie die nachfolgende Darstellung zeigt.

Preisentwicklung 2018-2024 im Durchschnitt

Ausführliche Darstellung


Trotz Deutschlandticket gibt es nahezu alle klassischen Tarife weiterhin. Es bleibt daher interessant, wie sehr sich diese Tarife voneinander unterscheiden.


Die Untersuchung geht der Frage nach, welche Preise für eine vergleichbare Leistung in den einzelnen Regionen aufgerufen werden. Die Analyse umfasst den Zeitraum von 2018 bis 2024 und setzt an am Preis für eine Einzelfahrt, Monatskarte und Jahreskarte über die durchschnittliche Pendeldistanz in Deutschland (Details zur Methodik: siehe hier).


Die 28 SPNV-Gebiete (AT-Gebiete) in Deutschland bilden den Vergleichspunkt. Das ist fair, denn die AT des SPNV sind nach den ÖPNV-Gesetzen der Länder dazu angehalten, auf die Bildung von Verkehrsverbünden hinzuwirken und die Nutzung des öffentlichen Verkehrs zu vereinfachen. Sie müssen sich deshalb an den Tarifen und den Strukturen der Tarife in ihren Gebieten messen lassen.


Die Ermittlung der Preise erfolgt auf Basis der jeweils im Gesamtgebiet eines SPNV-AT gültigen Tarife. Sofern der AT selbst als Tariforganisation auftritt, kommt sein Tarif zur Anwendung. Tritt der AT nicht selbst als Tariforganisation auf, kommt - je nach örtlichen Voraussetzungen - ein anderer Verbundtarif, ein Landestarif oder der DTV-Tarif zur Anwendung. Die Karte hier zeigt das Verhältnis zwischen SPNV-AT und Tariforganisationen.


Im Folgenden wird stets der AT genannt. Beim Zeigen auf das AT-Kürzel wird auch der zugehörige Tarif eingeblendet.

Preisunterschiede 2024

Beim genauen Blick auf die Preisunterschiede zum Stichtag 01.01.2024 fällt auf, dass die Preisspreizungen nicht bei allen Fahrkartentypen gleich stark ausfallen. Die Spreizung zwischen günstigster und teuerster Fahrkarte ist bei Monatskarten am größten; bei Einzelfahrkarten ist sie am geringsten. Das bedeutet, dass insbesondere »Stammgäste« - nämlich die Zeitkartennutzer - mit unterschiedlichen Ticketpreisen je nach AT-Gebiet konfrontiert sind.

Die Preise für Einzelfahrkarten verteilen sich recht gleichmäßig über die gesamte Spannweite und bilden ein arithmetisches Mittel von EUR 5,37. Die Monatskartenpreise verteilen sich dagegen weniger gleichmäßig um ihr arithmetisches Mittel von EUR 120,85. Während der Großteil der Monatstarife sich etwa zwischen EUR 100 und EUR 150 bewegt, gibt es eine Ausreißergruppe nach unten rund um EUR 70 und einen einzelnen Ausreißer nach oben mit dem Maximalwert von EUR 198,30. Die Ausreißergruppe nach unten bildet sich aus vier Mitgliedern, namentlich RH, HVV, VBB-Brandenburg und SBMS. Den Ausreißer nach oben bildet GOR. Der Ausreißer nach oben ist mit über EUR 40 Abstand zum nächsthöchsten Wert (VRN: EUR 157,50) größer als der Ausreißer nach unten mit knapp EUR 30 zum nächstniedrigsten Wert (VBB-Berlin: EUR 99,00). Die Jahreskartenpreise bilden ein arithmentisches Mittel von EUR 1.177,91. Bei den Jahreskarten ist die Verteilung der Preise etwas gleichmäßiger als bei den Monatskarten. Es gibt keine deutlichen Ausreißer nach unten, nur eine Ausdünnung der Wertedichte unter EUR 970. Nach oben hingegen gibt es zwei deutliche, einzelne Ausreißer: Während 26 der 28 Preise für Jahreskarten sich zwischen EUR 686,40 (RH) und EUR 1.413,96 (ZPS) bewegen - mit Abständen von höchstens EUR 120 zwischen den einzelnen Werten -, folgt darüber mit deutlich größerem Abstand der VRS mit EUR 1.675,20 und mit nochmals Abstand darüber der Maximalwert beim GOR mit EUR 1.941,60. Detailwerte zu allen 28 SPNV-Gebieten sind hier abrufbar.

Preisentwicklung 2018-2024

Preisentwicklung Einzelfahrkarten

Die Preisentwicklung bei Einzelfahrkarten zeigt unterschiedliche Dynamiken. Die nebenstehende Grafik greift vier typische Vertreter ihrer jeweiligen Dynamik heraus (SBMS, RMV, DTV, NVV), ergänzt um einen Ausreißer (NVBW). Die vier Dynamiken setzen sich je aus einer Ausgangsniveau-Komponente und einer Anstiegskomponente zusammen.

Es gibt Preise mit geringem Ausgangsniveau und geringem Anstieg (Beispiel SBMS), geringem Ausgangsniveau und starkem Anstieg (Beispiel RMV), hohem Ausgangsniveau und geringem Anstieg (Beispiel NVV), sowie hohem Ausgangsniveau und hohem Anstieg (Beispiel DTV). Dem entgegen steht die Preisdynamik im Gebiet der NVBW: Dort wurde mit Einführung des bwtarif (sichtbar ab 2020) das Preisniveau gegenüber dem DTV abgesenkt und danach die Anstiegsdynamik geringer gehalten als beim vorher gültigen DTV. Damit ist über den Gesamtzeitraum sogar eine Preissenkung zu beobachten.

Preisentwicklung Monatskarten

Die Preisentwicklung bei Monatskarten greift die Dynamik-Muster auf, die schon bei den Einzelfahrkarten sichtbar waren: Auch hier gibt es starke Preisanstiege gepaart mit hohem und niedrigem Ausgangsniveau. Ebenso gibt es moderate Preisanstiege mit hohem und niedrigem Ausgangsniveau. Die Grafik links zeigt die typischen Vertreter der vier Dynamiken (GOR, NWL, VMS, SBMS) und zwei Ausreißer.

Interessant ist hier der Blick auf die Ausreißer gegen den Trend (NVBW, HVV): Wieder gehört die NVBW dazu, die mit Einführung des bwtarif (ab 2020) eine Tarifabsenkung erreicht hat. Anders als bei den Einzelfahrkarten hat die NVBW bei Monatskarten ihre einmalige Tarifabsenkung allerdings inzwischen überkompensiert und das Ausgangsniveau von 2018 wieder erreicht bzw. ganz leicht übertroffen. Einen weiteren - krasseren - Ausreißer bildet der HVV. Er hat zwischen 2022 und 2024 sein Tarifniveau bei der Monatskarte um knapp 40 % gesenkt und kommt auf den Gesamtzeitraum betrachtet immer noch auf eine Absenkung um rund 35 %. Der HVV schaffte es damit, seinen Monatskartenpreis unter den Preis des langjährig günstigsten SBMS zu drücken.

Preisentwicklung Jahreskarten

Bei den Jahreskarten spiegelt sich im Groben die Empirie der Monatskarten. Allerdings gibt es einen weiteren Ausreißer: Der VRS sticht - bei bereits hohem Ausgangsniveau - mit einer satten Preissteigerung von über 38 % von 2022 auf 2024 hervor. Im Gesamtzeitraum kommt er auf eine Steigerung von 45,4 %. Das ist die höchte beobachtete Steigerungsrate (vgl. Grafik links).

In absoluten Zahlen liegt GOR wie schon bei den Monatskarten an der Spitze der Jahreskartenpreise. Die Preisabsenkung für Monatskarten beim HVV wirkt sich auch bei seinen Jahreskarten aus, allerdings schafft er es hier nicht, absolut günstigster Anbieter zu werden. Die Rolle kommt stattdessen RH zu, die durch eine Preisabsenkung zwischen 2018 und 2020 die bisher günstigsten (VBB-Brandenburg und SBMS) unterbieten und durch sehr moderate Erhöhungen in den Folgejahren ihre Position bis heute verteidigen konnte. Die Einführung des bwtarifs im NVBW-Gebiet hat dort den Jahreskartenpreis zwischenzeitlich gedrückt. Trotzdem befindet sich die NVBW nach wie vor im Mittelfeld der Jahreskartenpreise. Im höheren Mittelfeld, aber mit der geringsten Steigerung von 2022 auf 2024 liegt der NWL mit 4,5 %.

Zusammenfassung


Im Durchschnitt gilt: Die Fahrkartenpreise sind gestiegen. Im Detail ist es jedoch differenzierter. Die gute Nachricht: Es gibt sogar Preissenkungen, sowohl zwischen 2022 und 2024 (Zeitkarten HVV), als auch über den Gesamtzeitraum (Zeitkarten HVV, Jahreskarte RH, Einzelfahrkarte NVBW) betrachtet. 


Die Preissenkungen sind allerdings rar. In der Breite sind die Preise gestiegen, doch das in sehr unterschiedlichem Maße und von verschiedenen Ausgangspunkten des Preisniveaus aus. Es gibt - bei allen Fahrkartentypen - Regionen mit starken Preiserhöhungen bei niedrigem und hohem Ausgangsniveau. Ebenso gibt es - ebenfalls bei allen Fahrkartentypen - Regionen mit schwachen Preiserhöhungen bei niedrigem wie auch bei hohem Ausgangsniveau. Ein Zusammenhang zwischen Preisanstieg und Ausgangsniveau - etwa in Form eines »Sättigungseffekts« oder eines »Nachholeffekts« - ist nicht zu erkennen. Gerade die hohen Preiserhöhungen bei hohem Ausgangsniveau (beispielhaft beim GOR) oder die niedrigen Preiserhöhungen bei niedrigem Ausgangsniveau (beispielhaft bei SBMS) bleiben daher besonders erklärungsbedürftig. Das gilt umso mehr, als dass es sich bei allen Extremen der vier Grunddynamiken bei den Zeitkarten stets um Verbundtarife handelt. Unterschiedliche Herangehensweisen an die Preisgestaltung lassen sich entsprechend nicht mit den Unterschieden zwischen Verbundtarifen, Landestarifen und DTV-Tarif erklären.


Die unterschiedlichen Dynamiken haben dazu geführt, dass die Preisspreizung über den Gesamtzeitraum gestiegen ist. Das sorgt dafür, dass Fahrgäste für dieselbe Leistung - zur Methodik nochmals hier - immer unterschiedlichere Preise akzeptieren müssen. Gleiche Leistung - gleicher Preis? Mit den bestehenden Tarifen gilt das nicht und es ist nicht einmal eine Tendenz in diese Richtung erkennbar. Im Gegenteil.


Ergänzende Infos


Hier gibt es die Detaildarstellung der Preisentwicklung von Einzelfahrkarten, Monatskarten und Jahreskarten für alle 28 SPNV-AT-Gebiete zum Download.